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Geduldsspiele

Vier Tage frei durch den Brückentag. Ideal um Ziele zu erreichen, die man sonst an einem Wochenende nicht möglich hat. Aber dieses Mal spielte das Wetter überhaupt nicht mit. Donnerstag gar kein Wind, Tide stimmt für Waddeninseln auch nicht. Was tun? Also Motor und und ab nach Hoorn. Mit seinem historischen Stadtkern aus dem 17. Jahrhundert immer wieder eine Augenweide. Leider nicht nur für mich. Als ich im alten Hafen am frühen Nachmittag eintraf war alles zugestellt. Päcken bis so weit in die Mitte, dass gerade noch zwei Boote aneinander vorbei passten. Das ist nichts für mich, also zurück und direkt in den dahinter liegenden Vereinshafen der dortigen Wassersportvereinigung. Dort war ich noch nie, ist auch nicht wirklich weiter zu Fuß vom Zentrum, und war mir empfohlen worden. Da es noch früh war habe ich eine der letzten freien Boxen erhalten perfekt. Und was für ein Ausblick. Das Titelfoto ist direkt von meinem Boot entstanden. Rechts der alte Hafen hinter den Bäumen, geradeaus der historische Turm vor der Einfahrt. Es war ein toller Sommertag, war, Sonne bis abends -Erholung pur. Damit es sich lohnt blieb ich den gesamten Freitag um mich am Samstag auf den Heimweg zu machen. Und da beginnt dann das Segeln, das ich gar nicht mag. Der Wind kam genau von gegenan. Mit 16-20 kn. Zweites Reff im Groß, teilweise wegen der Böen von über 20 kn auch teileingerolltes Vorsegel, das ja schon kleiner als normal ist, weil ich die Selbstwendefock aufgezogen habe. Mühsam kämpfte ich mich Wende um Wende gegenan, die Schräglage in den Böen war beachtlich. Nein. Spass macht das nicht. Aber es sollte wohl Übungswochenende werden. Gut 50% mehr Zeit, also über 3 Stunden von Hoorn nach Enkhuizen, für ca. 12 sm. Sonst in guten 2 Stunden zu machen.

Abgekämpft kam ich gegen 14 .30 Uhr durch die Schleuse in Enkhuizen, die Markermeer und Ijsselmeer verbindet. Weiter zu segeln hatte ich keine Lust mehr, also einen Blick in den alten Hafen vor dem Dromedaristurm geworfen, ob man dort ein Plätzchen findet. Ja, EINE letzte Lücke war noch frei. Aber ob ich da hinein passe? Ich fahre langsam vorbei, schätze ab und entschließe, es zu wagen. Das war das engste Einparkmanöver, das ich je alleine gemacht habe. Hinten 50-100 cm, vorne 100-200 cm. Bei den normalen Schiffsbewegungen ist das minimal. Aber es hat funktioniert. Gegenüber lagen schon die Millionenwerte im Dreierpäckchen. Und es wurden immer mehr. Am frühen Abend waren an mir auch 2 Boote angelegt, hinter mir ein Viererpäckchen, vor mir auch ein Dreierpäckchen. Die Saison ist voll im Gange.

Heute morgen dann das spannende Ablegen. Das äußerste Boot war sehr kurz und hatte keinerlei Probleme. Neben mir lag eine gleich große ältere Bavaria mit 4 Personen Besatzung. Kein Bugstrahlruder. Und erhebliche Probleme, heraus zu fahren, obwohl der Skipper viel Übung hatte. Das beruhigte mich ungemein, dass nicht nur ich die Probleme habe. Im Endeffekt ging es auch nur mit meiner Hilfe, weil ich das Boot von meinem aus noch ein wenig mit drehte. Dann war ich an der Reihe. Leine vorne und in der Mitte gelöst, dann vom Anlegebalken, der etwas tiefer als die Kaimauer ist, aus bei mir das Bugstrahlruder bedient. Stoßweiße  das Boot gedreht, um die hintere Leine schnell an Bord werfen zu können. Denn nach hinten durfte ich nicht abdriften, da war nur 50-100 cm Platz. Und der Eigner stand neben mir... Aber es klappte perfekt. Mit Bugstrahlruder gedreht, mit der Hand das Heck leicht geführt, dann Leine los und seitlich auf das Boot gekletter. Dann sofort nochmal Bugstrahlruder und Gas. Perfekt. Ich war völlig ruhig und ohne Hektik aus der tiefen Lücke.

Und dann begann das Geduldsspiel. Segel waren schnell gesetzt. Erst erstes Reff, dann umgehend nach der Landabdeckung ins zweite Reff. Und dann war mir klar: Das werden lange 18-20 sm, weil auch heute der Wind fast genau von gegenan kam. Mit 18-20 kn! Fast durchgehend. Noch nie war ich so eine lange Strecke gekreuzt. Aber ich hatte mir vorgenommen, das heute zu üben. Andere Segelboote sind gegenan motort -auch nicht gemütlich, weil extreme Schiffsbewegungen durch den Wellengang. Zum Glück habe ich auf dem Plotter alte gerade Kurslinien Lemmer-Enkhuizen, so dass ich mich daran für die Kreuz orientierte. Und dann hieß es: Geduld üben. Punkte zum Wenden aussuchen und auch bis dahin fahren. Das fällt mir sehr schwer, hat aber geklappt. Nach einer Stunde hatte ich eine Ahnung, wie ich um die Kurslinie kreuzen will. In kurzen Schlägen von 0,5 - 1 sm von der Ideallinie entfernt. Entspannen war nicht wirklich, weil ständig das Boot in starke Schräglage kam, ich hart am Wind segelte, der Wind in der Richtung ständig leicht schwankte und daher häufig eingegriffen werden musste. Ich dürfte ca. die 1,5 fache Strecke gesegelt sein, durch das ständige Kreuzen. Dafür mit 5,5 - 6,6 kn Geschwindigkeit, je nachdem, wie der Wind gerade blies. Nach drei Stunden kam dann etwas Abwechslung auf: Andere Yachten. Und hier konnte ich dann sehen, wie verschieden lange Kreuzschläge sich auswirken. Eine lehrreiche Erfahrung, die meine relativ nahes Pendeln um die Ideallinie als gute Entscheidung qualifizierte. Und statt gute 3,5 Stunden war ich fast 5,5 Stunden unterwegs. Was für ein Tag. Aber auch hier mit viel Sonne garniert.

Und nächstes Wochenende ist Pfingsten. Mal sehen, für was der Wind dann reicht.

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