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Von der Last, Eigner zu sein

Als Charterer hat man es gut: Man kommt zu einem segelfertigen Boot, sauber, getankt, segelt, bringt es zurück und das war's. Für Eigner gibt es verschiedene Schätzungen: Auf eine Stunde Segeln kommen 2-4 Stunden Arbeiten. Das hat viel Wahres. Und fängt beim Putzen an. Außen wie innen. Innen nach der Urlaubstour auch in allen Ecken nötig. Außen fast jedes Mal. Dieses Wochenende durfte ich entdecken, dass die Ijsselmeerfliegen in Friese Hoek freundlich in Schwärmen Besitz vom eigenen Boot ergreifen. Und wenn ich die schwarzen Flecken der abgestorbenen Fliegen an Deck bei Ankunft so sehe, die ganze Woche über. Sie stechen nicht, sauen aber doch alles so ein, dass regelmäßig Deck schrubben angesagt ist. Und dann sind da noch die zig kleineren Defekte, die immer auftreten. Wie die abgebrochene Kunststoffklemme in einem Spanngurt der Sprayhood. Von denen war eine wohl so UV-versprödet, dass sie dem Segelmacher beim Abnehmen der Sprayhood im Frühjahr zerbrach. Zum Glück hatte er noch eine, die musste also jetzt eingenäht werden. Und eine neue Leine in den Fender eingespleißt, den ich zu nah an dem Auspuff der Heizung hängen hatte. Aus Zeiten, als sie mal funktionierte. Da sie das ja im Urlaub wieder aufgegeben hat, war also mal wieder Ausbau angesagt. Zum Glück geht der schnell, aber so viele Dinge sind da, die schnell gehen aber gemacht werden müssen. Und wer macht das schon gerne, wenn die Sonne scheint, das Thermometer über 20° steigt und ein schöner Segelwind herrscht? Tatsächlich gesehen, verschiebe ich Arbeit auch gerne mal. Da am Samstag zunächst nur wenig Wind angesagt war und ich beim letzten Versuch mit dem Code 0 um Vlieland herum in einem Fiasko geendet war, habe ich den Code 0 ganz gemütlich Samstagvormittag zunächst einmal gesetzt, alle Leinen sortiert und fest gestellt, dass die Endlosleine zum Abrollen des Code 0 von der Endlosrolle so lang war, dass sie für eine Mehrpersonencrew geeignet war, aber nicht bis an den Steuerstand reichte. Und da war wieder die Sache mit der Arbeit... Also Ausmessen, wie viel fehlt, damit eine neue Endlosleine besorgt werden kann.

Jetzt aber ab aus der Box und schon wieder waren sie da, die Sorgen des Skippers: Kein Kühlwasser spritzte aus dem Auspuff... Nun, da ich schon dabei war, langsam aus der Box zu fahren, einfach weiter. Und wie erhofft löste sich das Thema, sobald ich ein bißchen mehr Gas geben konnte. Aus dem Hafen raus, rum um die erste Ecke und das Groß gesetzt. Jetzt war der Wind aber stärker als angesagt, also raus mit der Fock und den Code 0 Code 0 sein gelassen. Natürlich bei Gegenwind, aber Kreuzen geht ja mit der Selbstwendefock perfekt. Und ich wollte ja nur ein wenig Segelfreude, bevor es an die Arbeit ging. Deshalb bin ich ja jetzt im Friese Hoek: Keine Schleuse, direkter Segelspass zum Ijsselmeer.

Dann flaute der Wind nach gut eineinhalb Stunden extrem ab, die erste Angriffswelle von Ijsselmeerfliegen schwappte über mein Heck und ich testete das Setup für den Code 0. Beobachten, verstehen und schon funktionert es richtig. Wahrscheinlich hatte ich beim letzten Mal einfach das Fall nicht stark genug durchgespannt. Mit der neuen Endlosleine passend zum Steuerstand wird auch dieses Segel regelmäßiger genutzt werden...

Nach drei bis vier Stunden Vergnügen half alles nichts: Die Arbeit ruft. Anlegen mit Bugstrahlruder klappt problemlos. Achterleinen beim langsamen Hineintreiben in die Box direkt fest gemacht (sind an den Heckpfählen griffbereit fest und auf richtige Länge gespleist), vorwärts eingekuppelt, gemütlich nach vorne gelaufen, über den Bugspriet von Bord gehen, die Festmacher für vorne vom Boden nehmen und fest machen -alles alleine gut zu händeln.

Der Rest vom Wochenende war dann eine Mixtur von Entspannung und Kleinarbeiten. Putzen, Nähen, Spleißen. Kaffee, pain ou chocolate, Croissants und viel Spazierengehen.

Ach ja, vorsichtshalber ist eine Gastlandflagge für Großbritannien schon mal geordert. Die Planung für die nächste längere Fahrt läuft. Lowestoft ist nicht weiter als Helgoland, so knapp über den Daumen gepeilt. Dann aber mit Querung des Verkehrstrennungsgebietes. Und Planungen zur Strömung, die dort an der Küste viel stärker ist. Ich fange an Gedanken über großräumige Wetterlagenbeobachtung zu machen...

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